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2011/02/20

Die Niggolausaggademie

Zu Anfang der Ezählung hören Sie in einer Hörprobe, gelesen vom Autor in Innviertler Mundart, wie Pomeisl als Nikolaus angeworben wird ...

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... nach der hier übersprungenen "Ausbildung zum Nikolaus" absolviert Pomeisl seine Feuerprobe als Nikolaus in seinem ersten "Einsatz":
...... Würdig! hat d’Nikolina nu amal gflüstert. Iatz han i do a weng a Lampenfiaber kriagt und woache Knia.
I geh voran, sie hinter meiner, mit den Sacki.
Zerscht war a kloaner Vorraum, die Tür weider eini as Wohnzimmer war oft.
I han trotzdem nu amal klopft und bi glei eintreten. Bon Türstock bin i a weng mit der Haubm hängabliebm, und um a Haar hätt is verloarn, wann net d’Nikolina geistesgegnewärtig hint andaucht hätt.
Grüüß Euch Gottthh, liiiebe Kinder! Hab i gsagt, leutselig und doch würdig.
D’Nikolina packt mi mit alle zwoa Händ bei da Hüftn und draht mi um neunzg Grad nach rechts.
Dös war s’Blumenbankerl!, flüstert’s.
Bruilln hand anglauffen, flüstert i zruck, wamma von der Kältn einakimmt …, aber sie zischt und gibt mar an Stösser, i soillt weidertoan.
Grüßgott, liebe Kinder, fang i nu amal an, desmal anscheinend in d’richtige Richtung.
Weil i hör de Erwachsenen: Wie sagt man?
Grüß Gott, lieber Nikolaus, hör i a Kinderstimm.
Grüß Gott auch liebe Eltern, Großeltern und Nachbarn, sag i.
Grüß Gott, antwortet es mir im Chor.
A kloans Kind fangt zon Röhrn an. Schön langsam siahg i wieder ebbs duri d’ Augengläser. Der kloane Ernstl is der Röhrer, er drängt si grad in seiner Mama ihr Kittelfalten eini und umklammerts verzweifelt. Mamaa, Mamaa, schreit er.
Iatz kann i zoagn, wia ma als pädagogisch versierter moderner Niggolaus af sowas souverän reagiert, denk a ma.
Aber, aber, Ernsterl, sag i und nähert mi hoamli, wer wird denn gleich weinen. Der Onkel Nikkolo tut dir doch nichts…..und dabei streimelt i eahm vorsichtig von hinten über sein Köpferl.
Er zuckt, draht in Kopf und schaut mi an als war i der Leibhaftige, und kriagt vor Panik an blaurouten Kopf, des Dummerl, und plärrt was geht.
I schau a weng verunsichert zur Nikolina.
Sie deutt mar, i soillt mi zo ihr zruckziahgn. Programm weiter, flüstert’s, mach einfach weiter.

I sag mein Gedichterl auf, in Knecht Rupprecht. Ob i alls a da richtign Reihenfolge derwischt hab, woaß i net, aber es hat’s eh koana ghört wegn an Kloan sein Plärrat. Dann singan mar die Sabine und de Erwachsenen und d’Oma und dar Opa alle fümf Strophen Lasstunsfrohundmuntersein vor.
Da hat ma r in Kloan sein Trenzat nimma außaghört und wia’s ferti warn, hat er si scho beruhigt ghabt und netta nu hin und da nachigschluchazt.
Nachern derf die Oilterne mein Stecka halten, und i schlag s’goilderane Büachl af.
Und jetzt schauen wir einmal nach, was ich über die Sabine aufgeschrieben habe in meinem Buche, sag i feierlich. I blattelt a paar Mal um.
Da hamma’s schon.
Schriftsprache! flüstert d’Nikolina vo hint.
O.K., sag i.
Da haben wir es schon. Also Sabine, du bist ein sehr liebes Kind und deine Eltern haben viel Freude mit Dir. Der Mama hilfst du, indem du den Mist rausträgst und manchmal schon allein einkaufen gehst. Außerdem hast du sogar eigene eigene eigene  ... verdammt des Worcht kann i net lesen.
Kekse, zischt mar die Nikolina vo hint ins Ohr.
Eigene Kekse gebacken, sag i.
Stimmt das, liebe Sabine?
Wieso fragst Du? Du hast es doch selbst aufgeschrieben!, sagts’Dirndl.
Stimmt, sag i, aber das ist schon so lange her, manchmal weiß ich dann nicht mehr alles was ich aufgeschrieben habe.
Stimmt nicht, sagt d’Sabine, die Kekse hab ich erst gestern gebacken.
Ah ja, sag i, hast recht. Ich bin halt schon ein bisserl zerstreut, sag i.
 Hast du Alzheimer wie der Opa? fragt d’Sabine.
De Erwachsenen lachan. Und sogar d’Nikolina mua zerscht ihr Schmunzeln abikämpfen, bevor’s mar an strengen Blick zuawirft. Dann zoagt’s demonstrativ af ihr Handgelenk.
I verplaudert mi, hoaßt des. Schau dasst zo an End kimmst.
So, sag i, mach ma weider.
Schschriftsprache! Hör i vo hint zischen.
Liebe Sabine, sag i, das Kinderzimmer Aufräumen freut dich oft gar nicht. Das, liebe Sabine, könntest du noch ändern. Und noch was: beim Bettgehen nicht so lang trödeln!
D’Sabine nickt ernst.
Aber alles in allem warst du ein sehr braves Mädchen, und deshalb hab ich dir auch was Gutes mitgebracht.
D’Nikolina halt ma scho den Jutesack her und i nimm a Körberl außer mit Schleckereien und an Karterl, auf den Sabine steht. I buck mi abi und gib’s der Sabine.
Wie sagt man, sagt ihr Mama. Man hört nix außer Rascheln.
Na, wie sagt man denn, wiederholt ihr Mama.
Danke, sagt d’Sabine undeutli. Sie hat mar nämli grad temperamentvoill in Kopf abbissen.
I moan naddürli net mir persönli, sondern mein Klon aus Schokolade.
So, sag i, und jetzt zu dir lieber Ernsti.
Der Ernsti, der de ganz Zeit ruhig war, fangt af des hin wieder zon Plärrn an.
D’ Nikolina reicht ma des Körberl. Überreich es dem Papa für den Ernsti, sagt’s halblaut. De Erwachsenen nickn beifälli. Also gib i’s dem Papa. Der Ernsti beruhigt si sofoart und hoilt si des Körbi vo sein Papa. Ab, ab, winkt b’Birgit, und schaut auf d’Uhr.

Auf Wiedersehen, liebe Kinder!, sag i, im nächsten Jahr komm ich wieder.
Der Ernstl fangt wieder zon Plärrn an, nein, schreit er, nicht wieder kommen, nein, nein, …  Kaugummi mit Post schicken, nicht wiederkommen …
D’ Nikolina zaht mi am Ärmel außi. Nixwieweg! zischt’s, du wartest no draußen. Ich kassier inzwischen.
D’ Hausfrau reicht mar durch’n Türspalt a Stamperl Schnaps außer. Dass mar net kalt wird.
Null Trinkgeld, sagt d’Nikolina, wia mar zon Auto zruckgehn.
I muass ihr’s glabm.
Wia woar i? frag i.
Es geht so, antworcht’s.
Ban nächsten Mal bin i schon besser, sag i. Übung macht den Meister.
In aller Eile steurn mar den nächstn Termin an. Der is in gleichen Bezirk und mir finden schneyll hin.
Sie hebt mar in Sam vo da Alba bon Aussteign und gibt mar in Stecka und s’Büachi. Gemma, hopphopp, sagt’s.
Du, sag i, wart a weng, sag i, i moan i muass vorher nu austreten.
Jetzt schon, sagt sie, jösses na, wo willst denn da austreten?
Sie hat recht: Oa Wohnblock nebm den andern, alle mit grouße Fensterscheibm, und zwischen de Blocks nur a paar mickrige Stauden. Ohne Laub. Und a winzige Tanne.
Dann drinnen, sag i.
Drinnen geht’s nicht, sagt’s. Was solln denn die Kinder denken?
Na, i moan – schon am Klo natürli!
Na sonst noch was. Aber das geht auch nicht. Da müsstest du am Wohnzimmer mit der Glastür vorbei, da sehn dich die Kinder.
I hab nur so gschaut, wia guat di Birgit Bescheid gwusst hat bei de Nikolokundschaften.
I muass aber unbedingt, sag i.
Ja, dann mach halt schon endlich, sagt sie, gib mir den Stab und s’ Buch her, ich geh voraus.
I such mar an Bam, aber es is netta de kloane verhungerte Tanne in Frage kemma, de hal(b)verreckte. Und ausgrechnet mittn während’n Gschäft hand a paar Mal Leut hübsch nouhat vorbeiganga.
Was macht denn der Nikolaus da? hat a kloans Dirndl sei Mama gfragt, und is stehbliebm.
Geh weiter, hat’s g’antworcht, und hat s’Kind bei der Händ packt und weiderzaht.
Duri de Unterbrechungen han i naddürli a weng länger braucht, weil mei Strahl a bissl empfindli is, und bei der geringsten Störung an iadsmal areißt. An aners Mal, erinnert i mi, is ma des sogar passiert, wia r i inn woardn bin, dass mar an Oachkatzl zuaschaut. Aber dessel mal war i ja koan Nikolaus, und drum ghört dös net zon Thema iatz ...


weitere Verwicklungen wie etwa die Auswirkung des obligaten Stamperls Schnaps nach jeder Visite schildert die Erzählung "Die Niggolausaggademie" in dem 2009 im Verlag Bibliothek der Provinz erschienenen Erzählband "Jetzt schlagt's Dreizehn" - der vier weitere Dialekterzählungen über Wiener mit Innviertler "Migrationshintergrund" enthält.
Wolfgang Glechner
Jetzt schlagt's Dreizehn

als Provinzler in der Großstadt
fünf Geschichten im österreichisch-bairischen Dialekt
Verlag Bibliothek der Provinz
ISBN 978-3-85252-991-2
21 x 15 cm,  108 Seiten , Weitra 2009
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